Ist eine verbundene Schrift wichtig für das Lernen?

Eine Diskussion über Tastaturschreiben, Druckbuchstaben und Schreibschrift

Text und Bild: Astrid Frevel, Dozentin im Fachbereich Ergotherapie

Die Gestaltung des schulischen Lernens ist Ländersache. Welche Schrift gelehrt wird, liegt oft in der Hand der Lehrer und kann auch innerhalb einer Grundschule von Klasse zu Klasse variieren. Eine einheitliche Linie ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Ist nun die verbundene Schrift (auch Schreibschrift genannt) oder sind Druckbuchstaben die Alternative für eine schnelle und lesbare Handschrift?

Ist vielleicht das Tastaturschreiben besser?

Wie kann ich eine gute Rechtschreibung lernen oder lehren?

Eine Handschrift sollte grundsätzlich:

  • schnell zu lernen und leicht umsetzbar sein
  • sich wenig aufwändig in der Lernphase gestalten
  • schnell zu schreiben sein
  • gut lesbar und flüssig erscheinen
  • jeden Buchstaben gleichermaßen aussehen lassen
  • sich zur persönlichen Handschrift entwickeln können
  • sich als Wortbild zusammenhängend präsentieren

Gibt es da überhaupt eine für jede Person geltende Empfehlung bezüglich des Schreibens?

Eine konsequente zusammenhängende, flüssige Schreibschrift gibt es strenggenommen gar nicht. Wir setzen oft innerhalb eines Wortes den Stift ab. Bei längeren Wörtern wie z.B. „Streichholzschächtelchen“ setzen wir ganz

natürlich den Stift ab, um die Hand weiter zu setzen. Oder schreiben Sie mal „Lokomotive“ ohne den Stift abzusetzen. Sicher ist es für den Leser zum Entschlüsseln hilfreich, wenn zwischen den abgesetzten Wortteilen keine Lücke entsteht.

Die Entstehung der Schreibschrift

Die Schreibschrift ist als kalligrafische Kunstform im 16 Jahrhundert ursprünglich zur Gestaltung besonderer Grußkarten gedacht und erfunden worden.

Aus dieser Schrift hat sich dann die verbundene lateinische Ausgangsschrift entwickelt.

Einige verbundene Schreibschriften hier im Überblick.

Im Gegensatz zur Schreibschrift steht die Grundschrift.

Hier lernen Kinder durch die Verbindung von Druckbuchstaben eine eigene persönliche Handschrift.

Ungünstig für das Erlernen von einer verbundenen Schrift sind kompliziert geschriebene Buchstaben. Hier werden für das „a“ z.B. ein Kringel mit einem Strich angehängt. Durch die Lücke zwischen diesen beiden Formen wird das „a“ kaum erkannt. Auch eine unklare Linienführung lässt sich

 

nicht in eine verbundene Schrift integrieren. Das wirkt sich auf Dauer hinderlich für eine schnelle und lesbare Handschrift aus. Uneindeutig geschriebene Buchstaben und Wörter prägen sich nicht sicher in das Gedächtnis ein.

Weitere Beispiele:

Zurzeit kann man den Eindruck gewinnen, dass die verbundene Handschrift als weniger wichtig angesehen wird. In den Schulministerien wird diskutiert, während der Schreiblernphase schnellstmöglich auf die Tastaturschreibweise umzustellen und weniger Gewicht auf die Handschrift zu legen.

Die Digitalisierung wird auch auf die Schreibweise der Handschrift und auf die Rechtschreibungsleistung Einfluss nehmen. An der Tastatur werden die Buchstaben durch Tastenberührung erzeugt. Dabei fühlt sich jede Tastenberührung gleich an, es werden jedoch unterschiedliche Symbole (Buchstaben) erzeugt. Das feinmotorische Element, die Bewegungsabläufe, die bei der Handschrift in unser motorisches Gedächtnis eingehen, bleiben beim Tastaturschreiben ungenutzt.

Dabei spielt die Handschrift eine große Rolle beim Erwerb der Schriftsprache und der Rechtschreibung und ist weniger als reine feinmotorische Leistung anzusehen. Das Schreiben mit der Hand ist eine komplexe und reife Leistung des Gehirns und verbindet das Sprachzentrum, das motorische Areal, die Kognition und weitere andere Areale miteinander. Das bedeutet eine verbesserte Vernetzung der neuronalen Strukturen, die für das erfolgreiche (nicht nur schulische) Lernen wichtig sind.

Bei der Druckbuchstabenschrift ergeben sich häufig Wortdurchgliederungsprobleme, der Mensch vergisst schon mal einen Buchstaben, wenn er jedes Wort wieder in seine Einzelteile zerlegt. Wenn Kinder Druckbuchstaben schreiben, passiert es häufig, dass die Groß- und Kleinschreibung in den Größenverhältnissen der geschriebenen Buchstaben nicht erkannt wird. Oft verwischen dann die Wortgrenzen und lassen die Lücke zwischen den Wörtern verschwinden. Da läuft das Kind Gefahr, dass die Rechtschreibung nicht bzw. nur schwer gelernt wird.

Bei guten Handschreibern sind also deutlich mehr Hirnregionen beteiligt, als bei Tastaturschreibern. Bei Handschreibern, die flüssig, zusammenhängend und leserlich schreiben, zeichnen sich erfahrungsgemäß weniger Rechtschreibfehler ab. Das Gehirn speichert verbunden geschriebene Wörter als Wortbild zusätzlich ab und muss das Wort nicht (wie bei den Druckbuchstaben oder bei dem Tastaturschreiben) in seine Einzelteile zerlegen. Dadurch kann das Gehirn einen weiteren „Lernkanal“ nutzen. Es fällt dem Gehirn leichter zu lernen, je mehr „Lernkanäle“ angesprochenwerden und je vernetzter gelernt wird.

"Die Handschrift ist gewissermaßen der Weg in unser Gedächtnis."

(Zitat von Manfred Spitzer, Psychiater und Hirnforscher)